Montag, 12. Dezember 2011

Paulo Coelho - "Elf Minuten"


Über den Autor:
Paulo Coelho wird 1947 in Brasilien geboren. Im Alter von sieben Jahren besucht er eine Jesuitenschule in Rio de Janeiro und erfährt bereits eine religiöse Prägung.
Sein Leben als "Hippie", Ende der 1960er, wird von den Eltern scharf kritisiert, die ihn für geisteskrank erklären und in eine Psychiatrische Anstalt einweisen lassen, wo er auch mit Elektrokrampftherapie behandelt wird.
1970 unterbricht er sein aufgezwungenes Studium der Rechtswissenschaften und bereist Südamerika, Nordafrika und Europa. Er ist politisch aktiv und arbeitet an der Verwirklichung seines Traumes: Schriftsteller zu werden.
Sein weltweiter Durchbruch gelingt ihm mit dem Werk Der Alchimist von 1988.
(Quelle: Wikipedia)

Inhalt/Über das Buch:
In dem Roman verarbeitet Coelho die wahre Geschichte einer brasilianischen Prostituierten in der Schweiz:
Maria ist eine junge Brasilianerin die von der Liebe enttäuscht ist und die Gelegenheit ergreift, nach Europa zu reisen um dort zu modeln und im etwas zu erleben. Zunächst arbeitet sie als Samba-Tänzerin, bevor sie anfängt sich zu prostituieren.

Meinung:
Die Hauptthemen des Buches sind Liebe und Sex. Coelho versucht den Leser aufgeschlossen und unvoreingenommen an diese Themen heranzuführen. Er beleuchtet eben Geschehenes intensiver mit den folgenden Tagebucheinträgen des Hauptcharakters und schafft dadurch einen Perspektivwechsel zwischen einem personalen Erzählstil und einer Ich-Erzählung. So gelingt es dem Autor, das schwierige Thema der Sexualität zunächst neutral darzustellen und es dann auf eine Gefühlsebene zu erhöhen.

Die Erfahrungen der Prostituierten werden nicht gewertet dargestellt, so dass dem Leser die Bildung der eigenen Meinung offen bleibt.

Es handelt sich hierbei um den vierten Roman von Paulo Coelho, den ich lese. Wieder merke ich an vielen Stellen die lehrhafte Ebene, auf die der Autor während des Erzählens wechselt. Jedoch fühlt man sich beim Lesen dieses Buches davon nicht gestört, da ehrlich an das Thema herangegangen wird.

Leider muss ich wieder feststellen, dass die Hauptperson am Ende inkonsequent handelt und damit ein "Happy End" geschaffen wird, das nicht zu der Gesamtstimmung des Romans passt. Doch will ich an dieser Stelle nicht zu viel über die Handlung verraten.

Das Buch regt auf jeden Fall zum Nachdenken an. Der Leser beginnt sich Fragen über die eigene Sexualität zu stellen und sich an seine Liebes- und Lebenserfahrungen zu erinnern. Auch taucht immer wieder der Begriff der "Seele" auf, so dass der Leser sich mit Grundfragen seiner Existenz beschäftigt.

Ich kann mir vorstellen, dass das Buch in der Öffentlichkeit unter starker Kritik steht, könnte man doch behaupten, dass die Prostitution verschönert und als mögliche Berufswahl dargestellt wird. Maria macht in diesem Beruf kaum negative Erfahrungen. Sie gerät nicht "auf die schiefe Bahn". Meiner Meinung nach stellt Coelho aber heraus, dass das einzig an ihrem starken Willen liegt. Daher kann man den Roman auch nicht als "Werbung" für die Prostitution verstehen und sollte sich auf die Auseinandersetzung mit den Themen Liebe und Sex beschränken. Dazu gehört, wie in der Gesellschaft mit diesen Themen umgegangen wird, was die Wahl der Prostituierten als Hauptcharakter wieder verständlicher macht.

Das Buch regt zum Nachdenken an.
Der Versuch vor allem das Thema Sex und dessen Zusammenhang zur Liebe zu diskutieren, ohne sich auf eine Sichtweise zu beschränken, ist aus meiner Sicht gelungen.

Fazit:
Ein einfühlsamer Roman, der ohne unverständliche Bewertung die Themen Sex, Liebe, Prostitution und innerer Frieden bespricht.
Eine Empfehlung für Leser, die sich gerne wieder mit der Suche nach Antworten zu grundlegenden Fragen des Lebens beschäftigen wollen.

Zitat:
[...] Wer liebt, braucht den Sex nicht, um sich gut zu fühlen. Zwei Menschen, die sich liebhaben, müssen ihre Zeiger geduldig und beharrlich in vielfältigen Rollenspielen aufeinander abstimmen, bis sie begreifen, daß Liebe sehr viel mehr ist als eine Begegnung zweier Körper; es ist eine >>Umarmung<< von Körper und Seele zugleich.
[S. 186]
Autor:Paulo Coelho
Kategorie:Gesellschaftsroman
Erstveröffentl.:2003
Ausgabe von:2003
Seiten:292
Verlag:Bertelsmann
ISBN:Club Nr. 007321

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:5
Handlung:3
Charaktere:3
Spannung:2
Humor:2
Fantasie:3
Gesamteindruck:3+

Freitag, 9. Dezember 2011

John Grisham - "Das Fest"


Über den Autor:
John Grisham wird 1955 in Arkansas (USA), als Sohn eines Bauarbeiters und einer Hausfrau geboren.
Nach seinem Jurastudium (1981) arbeitet er fast zehn Jahre als Anwalt, bevor er in das Parlament des Staates Mississippi gewählt wird.
Seine Schriftstellerische Karriere beginnt mit seinem Erfolgsroman Die Jury (1988). Bestseller Autor wird er mit dem Roman Die Firma (1991). Seitdem erscheinen regelmäßig neue Werke von dem gefeierten Thriller-Autor.
(Quelle: Wikipedia)

Inhalt/Über das Buch:
Das Ehepaar Krank beschließt sich nicht dem Weihnachtsstress hinzugeben, sondern ihr Geld lieber in eine Kreuzfahrt zu investieren. Immerhin ist es das erste Weihnachten ohne ihre Tochter, die dem Friedenscorps beigetreten ist und über die Feiertage in Peru festsitzt.
Doch plötzlich kommt eine unerwartete Nachricht und der große Stress geht los.

Meinung:
Die Idee des Romans ist spritzig und frisch. Die Aufbereitung des Themas schließt nachbarschaftliche Konflikte und Finanzfragen mit ein. Die Geschichte ist auch gut umgesetzt, dennoch könnte man kritisieren, dass nur ein Faden / nur eine Idee durch die Handlung führt. Es gibt keine Nebenschauplätze und die anderen Charaktere werden auch kaum beleuchtet.
Das sorgt allerdings auch wiederum dafür, dass der Roman sehr unterhaltend und kurzweilig ist. Am Ende gelingt es dem eigentlichen Thriller-/Juristik-Autor Grisham, einen Bogen zu schließen und beim Leser weihnachtliche Gefühle aufkommen zu lassen.

Die Sprache ist einfach, aber die Gespräche und Handlungen des Ehepaares Krank sind witzig und einfühlsam geschildert.

Hier handelt es sich um eines der wenigen Male, bei ich die Verfilmung gesehen habe, bevor ich die Romanvorlage gelesen habe.
Natürlich weicht die Handlung des Filmes an einigen Stellen ab, aber im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass das Buch gut verfilmt wurde. Ich habe es nicht bereut, den Roman auch noch zu lesen und werde mir vermutlich auch den Film noch einmal anschauen.

Fazit:
Ein unterhaltsamer Vorweihnachts-Schmöker, ohne großen Anspruch, aber witzig geschrieben und durchaus lesenswert.

Zitat:
[...]
"Hör auf, Nora! Warum flüsterst du eigentlich in unserem eigenen Haus?"
"Aus demselben Grund, aus dem du dich hiner den Vorhängen versteckst."
Luther richtete sich auf und schloss die Vorhänge. Die Pfadfinder zogen ab und brachten weiteren Bewohnern der Hemlock Street Weihnachtsbäume, während der Tieflader die Straße entlang kroch.

[S. 38]
Autor:John Grisham
Kategorie:Unterhaltung
Erstveröffentl.:2001
Ausgabe von:2004
Seiten:210
Verlag:HEYNE
ISBN:3-453-40006-2

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:4
Handlung:3
Charaktere:2
Spannung:3
Humor:4
Fantasie:2
Gesamteindruck:3

Dienstag, 6. Dezember 2011

Josephine Angelini - "Göttlich verdammt"


Über den Autor:
Josephine Angelini wächst als letztes Kind einer kinderreichen Familie in einer Kleinstadt in Massachusetts (USA) auf. Sie studiert Angewandte Theaterwissenschaften und beginnt ihre Autorenkarriere gegen Ende ihrer 20er (ihr genaues Geburtsdatum konnte ich leider nicht herausfinden).
Heute lebt sie in Los Angeles.
Die Verhältnisse in ihrer Familie und besonders das Zusammenleben mit ihren sechs älteren Schwestern, hat sie teilweise in ihrem Roman "Göttlich verdammt" verarbeitet.
(Quelle: Interview mit Josephine Angelini)

Inhalt/Über das Buch:
Die 16-jährige Helen wächst auf einer kleinen us-amerikanischen Insel auf, ist schüchtern und hat Angst davor beobachtet zu werden.
Als eine Familie aus dem spanischen Cadiz auf die Insel zieht verändert sich für sie alles.
Sie entdeckt, dass sie Fähigkeiten hat, wie kein normal Sterblicher.
Aus Hass wird Liebe.

Meinung:
Der Stil lässt sich flüssig lesen und die Sprache ist bildhaft, aber klar und deutlich formuliert. Der Leser wird sofort mitgerissen und leidet mit der schönen Helen mit.
Ähnlich wie bei der Biss-Reihe, wird unsere Heldin zu Beginn sehr verletzlich dargestellt. Daher empfindet man beim Lesen einen regelrechten Stolz, wenn sie Fortschritte macht. Nur ihre "Leidensphasen" können manchmal ermüden.

Der Aufbau des Romans ist mit Stephenie Meyers Büchern eindeutig vergleichbar. Wer daran Gefallen gefunden hat, wird sich hier sehr wohl fühlen.

Der Spannungsbogen entwickelt sich zunächst langsam, geht aber auf in mehreren kleinen Höhepunkten gegen Ende des Romans.
Dieser erste Band der (vermeintlichen) Trilogie macht Lust auf mehr. Natürlich erwartet man einen Cliffhanger, aber ein wenig frustriert kann man nach den letzten Seiten dennoch sein. Man bekommt den Wunsch, selbst auf die Insel zu reisen und allen Charakteren mal "den Kopf zu waschen".

Ich freue mich schon auf die kommenden zwei Bände.
Laut der Autorin ist der zweite Band bereits fertig geschrieben und der Dritte gerade in Arbeit. Sobald die Bücher erscheinen, werde ich sie zu mir nach Hause bestellen.

Fazit:
Eine schöne Teenie-Schnulze in Fantasy-Art.
Erinnert an die Biss-Reihe, hat aber durch das außergewöhnliches Thema viele Trümpfe vorzuweisen. Sehr empfehlenswert für Fantasy-Liebhaber(innen).

Zitat:
[...] Helen stieg aus der Dusche und ging nackt in ihr Zimmer zurück, griff nach dem quietschgrünen Eyeliner, den Claire bei der letzten Übernachtung bei ihr vergessen hatte, und schrieb damit >>DER FLUSS, AN DEN ICH MICH NICHT ERINNERN KANN<< auf ihren Spiegel, für den Fall, dass sie ihn wieder vergaß. Dann zog sie sich an.
[S. 278]
Autor:Josephine Angelini
Kategorie:Fantasy
Erstveröffentl.:2011
Ausgabe von:2011
Seiten:500
Verlag:Dressler
ISBN:3-7915-2625-6

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:5
Handlung:3
Charaktere:4
Spannung:4
Humor:3
Fantasie:4
Gesamteindruck:4+

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Barbara Frischmuth - "Die Klosterschule"


Über den Autor:
Barbara Frischmuth wird 1941 in Österreich als Hoteliers-Tochter geboren. Nach ihrem Sprachstudium in Graz studiert noch zwei Jahre in Erzurum (Türkei). 1966 bricht sie Ihr Studium in Wien ab und wird hauptberufliche Schriftstellerin.
In den 1960ern ist sie Mitlgied der Grazer Gruppe.
Heute lebt die Schriftstellerin wieder in ihrem Geburtsort Altstausee in Österreich und arbeitet als Schriftstellerin, Übersetzerin und Kolumnistin.
(Quelle: Wikipedia)

Inhalt/Über das Buch:
Sie sind dann hinausgezogen in die Welt, erst in eine Klosterschule, die Ihnen, wenn man Ihren ersten Roman liest, nicht behagte. Sind Sie noch immer rebellisch?
Ich habe die geschlossene Sprache dieser Schule für den Roman verwendet, weil ich sie am besten kannte. Sie hatte auf alles Antworten parat, es gab eine große Ordnung. Ohne Anstrengung ist man aus diesem Kreis nicht rausgekommen. Mein Unbehagen habe ich zehn Jahre später in „Die Klosterschule“ outriert wiedergegeben. Aber die Schule war gut. Wenn die Präfektin mit der ersten Klasse nicht fertig wurde, hat sie mich aus der zweiten geholt, damit ich eine Geschichte erzähle. Auch im Schlafsaal hat man mich zum Erzählen ermuntert. Ich wurde wegen meiner poetischen Ader aber auch aufgezogen. Und ich war oft krank, weil ich im Krankenzimmer lesen konnte.
(Quelle: Interview Die Presse vom 11.06.2011)

Meinung:
Der Roman ist aus der Sicht der "Gedankensprache"/Ideenwelt der Kloster-/Internatsschülerin geschrieben. Das Buch stellt eine zwar subjektive, aber auf den Leser sehr realistische und detaillierte Beschreibung der Verhältnisse in dem Internat dar. Man fühlt sich in die einzelnen Situationen hinein versetzt und leidet mit der "Insassin" mit.

Der interessante Erzählstil birgt aber auch die Gefahr einer einseitigen Sichtweise. Die rein subjektive Darstellung wirkt teilweise sehr übertrieben. Man bekommt ein grausiges Bild von den Lebensverhältnissen in der Klosterschule geliefert. Beim Lesen hat man das gefühlt, man untersteht einer drückenden Autorität und traut sich nicht einmal mehr seine Gedanken zu flüstern. Eindrucksvoll und bildreich, aber einseitig und daher teilweise anstrengend.

Es ist ein Buch, bei dem man gebannt ist, von der "Grausamkeit" und darauf wartet, mehr davon zu lesen. Auch wenn hier keine wirklichen Grausamkeiten bestehen, handelt es doch von psychischen und kulturell aufgezwungenen "Grausamkeiten" und Einflüssen.

Ich habe selbst fast fünf Jahre in einem Internat gelebt (wochentags) und fühle mich durch das Lesen von Frischmuths erstem Roman, zumindest gefühlsmäßig an einige Situationen und Vorschriften zurückerinnert.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man das Internat einerseits liebt und andererseits hasst. Man verspürt dauernd den Drang, sich von allem befreien zu wollen, was einem die Freiheit im Internat raubt. Doch man ist eingezwängt in Regeln und steht unter Bewachung. Es gibt keine Fluchtmöglichkeit, also versucht man irgendwie klar zu kommen.

In dem Roman kommt erschwerend hinzu, dass er in einer Zeit spielt, in der die Frauen unterdrückt und in gesellschaftliche Konventionen gezwängt wurden. Dies wird als Erziehungsgrundlage deutlich.
Wie die Autorin es dennoch schafft, am Schluss zu Mut zur Freiheit anzuregend ist wiederum fantastisch.

Fazit:
Unter dem Gesichtspunkt, dass der Roman Ende der 1960er entstanden ist, muss man sagen, dass der Frauenroman für diese Zeit durchaus gut gelungen ist. Heute kann man sich die damaligen Verhältnisse und Erziehungsaspekte kaum noch vorstellen und ist höchstens gespannt, ob noch irgendetwas Grausiges passiert/beschrieben wird.
Für mich ist die Sichtweise zu eintönig und die andauernde Litanei des Katholizismus ermüdend. Ein durchschnittlicher Roman.

Zitat:
[...] Und vor allem mußt du mir schreiben, ob du tust, was dir Spaß macht, und wenn du es nicht tust, warum du es nicht tust. ich würde es ganz bestimmt tun, wenn ich frei wäre, so wie du.
[S. 89]
Autor:Barbara Frischmuth
Kategorie:Gesellschaftsroman
Erstveröffentl.:1968
Ausgabe von:1980
Seiten:96
Verlag:rowohlt
ISBN:3-499-14469-7

Bewertung (max. 5 Pkt.)
Stil:4
Handlung:2
Charaktere:2
Spannung:3
Humor:0
Fantasie:2
Gesamteindruck:2+